Tingierung

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Tingierung ist die Farbgebung der Wappen. Die für die Heraldik unerlässliche Forderung nach Kontrastreichtum der heraldischen Kennzeichen führte dazu, dass sich das Wappenwesen auf wenige Farben und auf das Pelzwerk bei den Helmdecken und der Helmzier beschränkt.

Die heraldischen Tinkturen (Farbgebungen) sind die zur Kolorierung verwendeten Farben. Sie werden unterschieden in die eigentlichen Farben, Metalle sowie das heraldische Pelzwerk.

Da der Druck mit mehreren Farben ursprünglich sehr aufwendig war, setzte sich ein einheitliches System von Schraffuren mit Punkten und Strichen durch, so dass die bildliche Veröffentlichung von Wappen auch im Schwarz-Weiß-Druck immer richtig gelesen werden kann. Ursprünglich wurden in der Heraldik nur sechs, später sieben (Purpur) Farben verwendet, wovon zwei die Metalle Gold und Silber darstellen. 

Metalle

Als Metalle werden in der Heraldik Silber (auch durch Weiß zu ersetzen) und Gold (auch durch Gelb zu ersetzen) betrachtet. Bei Flaggentüchern sind ausschließlich Gelb und Weiß im Gebrauch, Wappen, Insignien und ähnliches können aber auch in echtem Blattgold, Blattsilber (oder Schlagmetall und anderen Imitaten) ausgeführt sein. 
Technische Schwierigkeiten der Wiedergabe gaben Anlass zu heraldischen Irrtümern. Silber wird durch Oxidation schwarz und Gold, das mit Mennige unterlegt werden musste, blättert ab, sodass nur die rote Grundfarbe zurückblieb. So entstand z. B. der schwarze (eigentlich silberne) Widderkopf der Familie von Rechenberg-Haugwitz.

Farben

Heraldische Farben

Zu den Farben gehören per Definition Rot, Blau, Grün und Schwarz. Alle Farben werden nur in einem einheitlichen, kräftigen Grundton wiedergegeben. Variationen wie Lichtblau, Königsblau, Tiefblau sind bei Einzeldarstellungen (etwa über einem Portal) durchaus zulässig, heraldisch maßgeblich bleibt jedoch alleine das „Blau“.
Purpur kommt in der zentraleuropäischen Heraldik nur sehr selten als Schilfarbe vor, wie zum Beispiel im ursprünglichen Wappen der Reichsfreiherren von Babo. Ansonsten wird Purpur lediglich als Tingierung von Hüten, Kronen, Wappenmänteln sowie des Helminnern verwendet, während sich in England und Frankreich zahlreiche Beispiele für Purpur als Schildfarbe finden.

Natürliche Farben

Andere Farben werden vermieden und treten meist nur für untergeordnete Bestandteile von Wappen auf. Eine abweichende Tinktur bei gemeinen Figuren wird gern als „in natürlichen Farben“ blasoniert, womit der Farbton meist hinreichend bestimmt ist, etwa bei Fell (braun), Haut (rosa) oder Mauern (grau). Die Wiedergabe von Wappenfiguren in natürlichen Farben widerspricht an sich den Grundsätzen heraldischer Darstellung und kommt daher selten vor, z. B. bei Tieren und Menschen. Diese Naturfarben sind der Regel des Wechsels von Metall und Farben nicht unterworfen.

Grundsätzlich ist es zulässig, alle Gegenstände in allen heraldischen Farben zu färben. So kann ein Löwe grün oder blau sein.

Außerhalb Mittel- und Osteuropas finden sich auch abweichende Farbgebungen, die in mehreren Wappen auftauchen und namentlich genannt werden. An die Stelle des deutschen Braun wird besonders englisch und seltener französisch das Tanné gesetzt, das in einem Orangeton auf dem Schild erscheint (Achtung: gleiche Schraffur!) und die Nutzung eines zweiten Brauntons mit rötlicher Färbung (Murrey – Maulbeer) ermöglicht. Das Orange dagegen tritt vor allem als Kontrast in Pelzwerken auf. Das Celeste für Himmelblau entstammt der italienischen Heraldik und hat sich bis in die englische Heraldik ausgebreitet – es tritt häufig als Tingierung von Waffen auf und ersetzt so das graue Eisen der mitteleuropäischen Heraldik. Die viel anzutreffende rosa Hautfarbe ist dagegen in englischen und italienischen Landesregionen unbekannt und tritt erst spät in der französischen Heraldik auf.

Wappen von Wildon (Steiermark)

Pelzwerke

Heraldisches Pelzwerk, auch Kleinspalt, ist die Musterung zur Darstellung von Pelzen. Sie geht zurück auf die Vorliebe für kostbare Pelze im Mittelalter. Nachweisbar ist die Vorliebe der Franken für Marder- und Fischotterfelle. Auch bei den Engländern hatten Felle eine große Bedeutung, was sich noch heute in den Wappen niederschlägt, denn die Pelze ergänzten nicht nur die Kleidung sondern wurden auch an den Schilden angebracht. Ulrich von Liechtenstein (* um 1200; † 1275) ließ seinen Schild mit Hermelin überziehen. Später wurde das Fell auf dem Schild bzw. dem Wappen nur noch stilisiert dargestellt.

Das heraldische Pelzwerk ist in vier Gruppen eingeteilt und zwar in Kürsch, Hermelin, Feh und das wohl seltenste, Plumeté.

Plumeté
Wikipedia, Name unleserlich

  • Kürsch, auch Grauwerk, ist die wohl einfachste Form von Pelzwerk.

  • Das Feh ist aus den Fellen des grauen Eichhörnchens zusammengesetzt. Es erscheint in der Heraldik in der welligen Form des Wolkenfehs oder in der eckigen Form des Eisenhutfehs (Eisenhütlein, Hutfeh). Die normale Färbung des Fehs ist blau und weiß, auch nur als Fellwerk bezeichnet. Formen sind auch Zinnenfeh, Krückenfeh, Pfahlfeh, Wogenfeh, Sturzfeh, Schmetterlingsfeh und Gegenfeh. Werden gleichzeitig drei oder vier Farben in der Feh verwendet, entsteht die Buntfeh.

  • Hermelin ist aus den Hermelinfellen hervorgegangen, wobei die schwarzen Schwänzchen meist stark stilisiert sind. Beim Gegenhermelin ist das Fell schwarz und die Schwänzchen sind silbern.

  • Plumeté oder mit Federn gerautet stellt Federwerk dar.

Schraffur

Schraffur dient dazu, die Farben (Tinkturen) bei der schwarz-weißen Darstellung von Wappen anzugeben. Sie ersetzte andere Systeme, die mit dem Eindrucken von Buchstaben oder Symbolen arbeiteten, um Farbangaben zu machen. Nicht zu verwechseln mit den Farbschraffuren ist die Damaszierung in Wappenschilden, die den Zweck hat, leere Felder zu beleben.
Ein bestimmtes System der Schraffierung zum Zweck der Farbenbezeichnung hat zuerst der Niederländer Jacob Francquart (Brüssel 1623) angewendet. Das von der Heraldik aller europäischen Staaten adoptierte, jetzt noch gültige System findet sich zuerst bei dem römischen Jesuiten Silvester a Petra Sancta (1638).

                  

Wappen von Brachttal (in Hessen)

Heraldische Farbregel

Die heraldische Farbenregel definiert, wie die Tinkturen verwendet werden können. Sie besagt: Metalle dürfen nicht an Metalle grenzen, Farben nicht an Farben. Durch das Gegeneinandersetzen von Metallen und Farben in einem Wappen wird eine starke Kontrastwirkung erreicht, die das Wappen schon aus großer Entfernung erkennbar macht. Dies war im Mittelalter nötig, um das Gegenüber schon auf weiter Entfernung identifizieren zu können.
Musterbeispiele von diese Regel missachtenden Wappen führen viele studentische Verbindungen.
Die Farbregel gilt in der Vexillologie auch für Fahnen, so beispielhaft in der französischen Trikolore. Sie wird hier aber mehrheitlich übergangen. Auch die Flagge Deutschlands (Schwarz-Rot-Gold) (sie entstand aus dem Schwarz-Rot auf Gold der studentischen Burschenschaften) ist wegen des Aufeinanderstoßens zweier Farben heraldisch falsch.

Notwendige Ausnahmen und echte Verstöße gegen die Farbenregel

Beispiel für eine heraldisch legitime Aufweichung der Farbenregel: Wappen von Senden (Westfalen) – In Silber eine grüne Linde, überzogen von einem roten, vierlätzigen Turnierkragen

Mit nur zwei bzw. drei Tinkturvarianten (Farben und Metalle, ggf. Pelzwerk) lassen sich nicht alle Teilungen und Figuren streng nach der Farbenregel gestalten. Mit der Entfaltung und Verbreitung der Wappen entstanden immer komplexere Motive, in denen sich Aufweichungen der Farbenregel nicht umgehen ließen (vergleiche Vier-Farben-Satz). Als Grundsatz gilt, dass die Farbenregel desto strikter einzuhalten ist, je schlichter das Wappen gestaltet ist (insbesondere bei Heroldsbildern).

Grundsätzlich wird das großflächige Aneinandergrenzen von Farbe an Farbe bzw. Metall an Metall zwar vermieden, Überdeckungen wie z. B. im Wappen von Senden sind aber erlaubt und gelten nicht als Bruch der Farbenregel, da das überdeckende Motiv als vor oder über dem Hintergrund liegend aufgefasst wird.

Bei kleineren Details, wie der Bewehrung gemeiner Figuren, versucht man zwar, wo möglich, der Farbenregel zu entsprechen, duldet aber eine von der Notwendigkeit diktierte, lockerere Handhabung (z. B. rote Bewehrung am schwarzen Bundesadler).

Bei der Zusammenführung mehrerer Wappen in ein einziges, etwa bei der Heirat zweier Adeliger, wird die Farbenregel nur innerhalb der einzelnen Wappen betrachtet; sich aus der Zusammenziehung ergebende Verstöße gelten ebenfalls nicht als Regelbruch.

Wappen, deren Farben sich auf Grund von Ausbleichen oder Oxidation verändert haben, widersprechen nicht den heraldischen Farbenregeln. Sie werden aber als „Rätselwappen“ bezeichnet. Die technischen Schwierigkeiten der Wiedergabe von Gold und Silber haben zu heraldischen Irrtümern Anlass gegeben, denn Silber wird durch Oxidierung leicht bläulich oder schwarz. Gold, das ursprünglich mit Mennige unterlegt werden musste, blätterte oft ab und hinterließ dann nur die rote Grundfarbe. 

Die heraldische Farbenregel hat sich auch im Flaggenwesen durchsetzen können, weil hier die gleichen Notwendigkeiten der Erkennbarkeit auf weite Sicht gegeben sind. Deshalb gilt sie auch für die Flaggen in der Vexillologie. Demzufolge verstoßen zum Beispiel die deutsche Nationalflagge und die Flagge des Vatikans gegen diese Farbenregel. Die Farben des Vatikans (ursprünglich des Königreichs Jerusalem) wurden allerdings bewusst so gewählt, um dessen Einzigartigkeit zu unterstreichen.

Schattenfarbe

Mit Schattenfarbe bezeichnet man in der Heraldik das Fehlen eigener Tinktur bei den Figuren.
Figuren, die als „in Schattenfarbe“ blasoniert werden, werden nur als Konturen dargestellt. Sie besitzen keine Eigenfarbe, sondern die Farbe des darunterliegenden Feldes.

Löwe in Schattenfarbe im Wappen von Trazegnies (Belgien).

 

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Quellen: 'Heraldik' von O. Neubecker; wikipedia