Fahnen- bzw. Flaggenkunde (Vexillologie)

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Flagge der Internationalen Föderation 
Vexillologischer Gesellschaften (FIAV)

Vexillologie (lat. vexillum „Fahne“ und -logie) oder auch Flaggenkunde, Fahnenkunde ist die Lehre vom Fahnen- und Flaggenwesen. Die Vexillologie ist eine sehr junge Wissenschaft, der Begriff wurde 1959 von Whitney Smith geprägt. Vexillologie besteht aus dem lateinischen Wort für Flagge, vexillum, und dem griechischen logos für Wort oder Lehre. Es existieren mehrere nationale flaggenkundliche Gesellschaften, die sich unter der Dachorganisation FIAV (Féderation Internationale des Associations Vexillologiques) sammeln.
Sie ist aus einem Teilgebiet der Heraldik (Wappenkunde) entstanden und beschäftigt sich mit der Geschichte des Flaggenwesens, dem Entwurf und der Erzeugung von Flaggen, ihrer Bedeutung, Aussagen und auch damit verbundenen Emotionen und ihre Verwendung. Sie reicht aber auch immer wieder in Bereiche der Soziologie, Massenkommunikation, Politologie, Kunstgeschichte, Symbolik, Ästhetik und anderen hinein. Sie bedient sich vor allem der wissenschaftlichen Methodik der Geschichts- und Politikwissenschaft.

Geschichte 

Bereits im 14. Jahrhundert werden Flaggen beschrieben, so in Reisebeschreibungen, wie dem Libro do Conoscimiento (etwa 1350), oder Wappenbanner-Rollen und auf Landkarten. Le Grass verfasste 1858 das erste bedeutende Flaggenbuch, das Album des pavillons, guidons et flammes de toutes les puissances maritimes. 1939 erschien das Flaggenbuch, herausgegeben vom Oberkommando der Deutschen Kriegsmarine und bearbeitet von Ottfried Neubecker. Um 1880 begann man im angelsächsischen Sprachraum sich mit den Hintergründen von Flaggen zu beschäftigen, so A. Macgeorge in Flags, Some Accounts of Their History and Uses. Als Wissenschaft etablierte die Flaggenkunde schließlich Ottfried Neubecker. Seine wissenschaftliche Arbeit verteilt sich auf verschiedene Fachzeitschriften.

Ab dem späten 13. Jahrhundert waren Kreuzflaggen das beherrschende Motiv, welches die bis dahin überwiegende Darstellung von Heiligen ablöste. Diese frühen Flaggen waren keine Nationalflaggen im heutigen Sinne, sie wurden nicht an Land gebraucht und vertraten eher den Landesherren oder den Staat als dessen Bürger. Die in Stände gegliederte mittelalterliche Gesellschaft verwendete mehr Zunft- oder Kirchenfahnen, wobei es sich oftmals um kunstvoll, zum Teil mit applizierten Stickereien verzierte Einzelstücke handelte. Während im 14. Jahrhundert einfache Motive die heraldischen Fahnen beherrschten, verbreiteten sich im 15. und 16. Jahrhundert vor allem bei Militärfahnen parallel Abbildungen mit komplizierten, zum Teil allegorischen Szenen. Beliebt waren auch Wappendarstellungen auf weißem Tuch. Da dieses für die praktische Erkennung ungeeignet ist, ergab sich im 17. Jahrhundert eine klare Trennung in zwei Flaggentypen: eine einfache Flagge und eine mit komplizierter Wappendarstellung. Diese Aufspaltung hat heute noch Gültigkeit und kann in diversen National- und Dienstflaggen beobachtet werden.

Wappenbanner

In der Flaggenkunde wird als Wappenbanner ein Tuch mit einem Wappenbild bezeichnet, also die rechteckige Darstellung eines Wappens auf einem Tuch. Wappenbanner sind eine der ursprünglichsten Formen von Flaggen. Erstmals wurden sie durch Adlige im Mittelalter verwendet. Daraus entstanden zum Beispiel die ersten Nationalflaggen Portugals und Spaniens. Nur fünf Nationalflaggen kann man heute noch als Wappenbanner bezeichnen: Jene der Schweiz, von Kiribati, Malta, des Kosovo und von Namibia.

Die Hauptfelder einer Flagge

Um eine Flagge eindeutig zu beschreiben, sind die einzelnen Teile des Tuches eindeutig definiert. Diese Begriffe sind häufig nautischen Ursprungs; es finden sich jedoch auch Entlehnungen aus anderen Fachgebieten, beispielsweise der Münzkunde. Flaggen besitzen eine Vorder- und eine Rückseite. (Averse und Reverse; vgl. die numismatischen Fachbegriffe Avers und Revers) Bei den meisten Flaggen sind Vorder- und Rückseite Spiegelbilder voneinander. (Ausnahmebeispiele: Flagge der Sowjetunion, Flagge Paraguays, Flagge der Demokratischen Arabischen Republik Sahara). Es ist, außer bei einigen arabischen Flaggen, gebräuchlich, dass der Flaggenmast links ist, wenn der Betrachter die Vorderseite sieht.

A Gösch (gesondertes Wappenfeld im linken Obereck - ein Gösch ist wie eine Fahne in der Fahne gestaltet)
B Oberes Liek
C Oberes Flugteil
D Unteres Liek (bildet zusammen mit B das Liek)
E Unteres Flugteil (bildet zusammen mit C den Flugteil)
F Flaggen- oder Fahnenmast (auch: Flaggenstock oder Schaft)

 

Vexillologische Symbole

Die Vexillologischen oder FIAV-Symbole dienen in der Flaggenkunde (Vexillologie) zur standardisierten Einteilung von Flaggen. Das System wurde von Whitney Smith entwickelt und von der Fédération internationale des associations vexillologiques (FIAV) Anfang der 1970er Jahre eingeführt. 
Der Gebrauch einer Flagge wird mit einem Gittersymbol veranschaulicht. Die erste Zeile steht für den Einsatz an Land, die zweite für den zur See. Die Zeilen sind in drei Spalten geteilt: Privat/Zivil, Dienstlich und Militärisch. Sind in einer Zeile drei Kriterien gegeben, so spricht man von einer Nationalflagge. Letzteres bedeutet aber nicht, dass nicht auch andere Gebrauchskombinationen als Nationalflagge gelten, zumal bei vielen Länderflaggen die Kombination „drei Kriterien in einer Reihe“ nicht vorliegt. Weiters bedeutet die in der Flaggenkunde übliche Bezeichnung Kriegsflagge nicht, dass ein Kriegsfall vorliegen muss, sondern zeigt lediglich an, dass die Führung dem Militär vorbehalten ist.
Die Gebrauchssymbole beziehen sich immer auf den Gebrauch nach entsprechenden Flaggengesetzen oder Verordnungen (De jure). De facto kann der Gebrauch erheblich abweichen. 

Führung Privat Dienstlich Militärisch
An Land Bürgerliche Flagge Dienstflagge Kriegsflagge
Zur See Handelsflagge Dienstlagge Kriegsflagge

Von den theoretisch 64 möglichen Gittersymbolen sind folgende Beispiele häufiger anzutreffen:

Symbol Bedeutung Symbol Bedeutung
Bürgerliche Flagge Nationalflagge an Land
Dienstflagge an Land Nationalflagge zur See
Kriegsflagge an Land Dienstflagge an Land, Kriegsflagge an Land und zur See
Handelsflagge Dienstflagge an Land, Handels- und Kriegsflagge zur See
Dienstflagge zur See Bürgerliche Flagge und Dienstflagge an Land, Handels- und Dienstflagge zur See
Seekriegsflagge Dienst- und Kriegsflagge an Land und zur See
Bürgerliche Flagge und Dienstflagge an Land Nationalflagge an Land und Handelsflagge zur See
Dienst- und Kriegsflagge an Land Nationalflagge an Land und Dienstflagge zur See
Handels- und Dienstflagge zur See Nationalflagge an Land, Handels- und Dienstflagge zur See
Bürgerliche Flagge und Handelsflagge Nationalflagge zur See, Dienst- und Kriegsflagge an Land
Dienstflagge an Land und zur See Nationalflagge zur See, Bürgerliche Flagge und Dienstflagge an Land
Kriegsflagge an Land und zur See Nationalflagge an Land und zur See

Zudem gibt es Eigenschaftssymbole welche Status und Funktion einer Fahne zeigen, wie sie verwendet soll und ähnliches. Vier Beispiele:

Normale oder De-jure-Version einer Flagge
Rekonstruktion nur aufgrund schriftlicher Quellen
Alternative, gleichwertige Zweitflagge
Historische Flagge

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Quellen:  O. Neubecker; wikipedia